Theater in Koblenz: Wenn Brecht an die Gedankentür klopft

29. Juni 2025 Deutsch

Am 4. Juni 2025 besuchten die beiden Deutsch-Leistungskurse der MSS 12 von Frau Dalkner und Frau Weser gemeinsam das Koblenzer Theater-Festzelt auf dem Plateau der Festung Ehrenbreitstein. Das aufgeführte Stück und die spezielle Inszenierung des Intendanten hinterließen bei den Schüler/-innen bleibenden Eindruck und sorgten auch im Unterricht nachhaltig für Diskussionen.
Was verbindet den Dreißigjährigen Krieg, den zweiten Weltkrieg und das aktuelle politische Weltgeschehen miteinander? Dieser Frage widmet sich der Koblenzer Intendant Markus Dietze in seiner ganz eigenen Art und Weise und schafft eine neue Interpretation des Stückes: ,,Mutter Courage und ihre Kinder‘‘ von Berthold Brecht aus dem Jahr 1939. Zwischen Ölfässern und Kisten auf einer Drehscheibe, die von ihren drei Kindern angeschoben wird, spielt sich die Geschichte der Mutter Courage ab, die als Marketenderin mit ihren drei Kindern Schweizerkas, Eiliv und Kattrin und dem auf der Drehscheibe imitierten Planwagen im Dreißigjährigen Krieg umherzieht.
Der Krieg, der den Handel ihrer Waren für die Courage erst ermöglicht, ist hierbei das tragende Element zwischen den Fragen nach Kapitalismus oder Kindern, gesellschaftlichem Zwang oder Selbstbestimmung und schlussendlich: Krieg oder Frieden? Dietze macht sich diese Fragen zum Thema und inszeniert ganz im Brecht’schen Stil. So vermischt sich zum Beispiel das moderne Kriegsgeschehen, dargestellt durch Bilder von zerbombten Häusern, wie wir sie aus dem Ukraine-Krieg kennen, mit dem Religionskrieg von 1618 - 1648, dessen Realität sich vor allem in der gesellschaftlichen Erscheinung widerspiegelt. Die Verknüpfung der aktuellen mit längst vergangener Zeit wirkt auf den ersten Blick etwas verwirrend, entpuppt sich dann aber als sinnvolle Gedankenstütze beim Übertragen der Kernaussagen des Stückes auf die heutige Realität. Elemente, wie die Musik von Paul Dessau, die von einem sechsköpfigen Ensemble mit dem Gesang der Schauspieler/-innen zum Leben erweckt wird, stehen konträr zum eigentlichen Inhalt des Geschehens und werfen beim Betrachter Fragen auf, deren Beantwortung eigenes Köpfchen und vielleicht ganz neue Gedanken auf dem Nachhauseweg erfordern.
Doch gänzlich bleibt Dietze Brecht nicht treu: In der Frage nach der Empathie mit den Charakteren, die Brecht für nicht erforderlich, gar hinderlich hält, widerspricht Dietze ihm ausdrücklich: „Ein Theater ohne Empathie bleibt folgenlos“ heißt es in seinen Gedanken zum Stück. Und so wird die Tochter der Mutter Courage Kattrin zu einer Insel auf der Bühne, mit der der Betrachter mitfühlen und sich in ihr wiederfinden kann. Eine neue Idee, die Brecht vielleicht nicht verfolgt hätte, aber genau an den modernen Zeitgeist angepasst ist.
Für die Menschen, die in ihrem Alltag gerne innehalten, Gedanken ergreifen und verfolgen wollen und die Liebe zum Detail und der metaphorischen Darstellung mögen, lohnt sich daher ein Besuch des Stücks im Koblenzer Festzelttheater in jedem Fall.

Livia Meuer, 12 D_Lk_1

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